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Testbericht

Patrick Broich/SP-X, 16. März 2017

Schon in den Sechzigerjahren brachte es der Honda S600 auf 57 PS, die er aus einem 0,6-Liter-Vierzylinder holte. Ein gestandener Ford 17M schaffte nur drei Pferdchen mehr bei 1,5 Litern Hubraum. Damals quetschten die Japaner aus einem Sauger fast 74kW/100 PS Literleistung. Der verwöhnte Neuzeit-Automobilist ist andere Leistungszahlen gewöhnt. Wie wäre es zum Beispiel mit dem kultigen Honda Integra Type-R?
 
Der exotische Youngtimer ist für kleines Geld zu haben und verkörpert Hondas Hochdrehzahl-Philosophie – das Coupé holt 140 kW/190 PS aus 1,8 Litern und begeistert mit der von Honda-Konstrukteur Kenichi Nagahiro einst erfundenen variablen Nockenwellen-Verstellung (V-TEC), mit dem die Japaner Anfang der Achtziger systembedingt hubraumschwache Motorrad-Triebwerke zu Kräften verhalfen. Wir haben ein Exemplar des Integra Type-R mit der internen Modellbezeichnung DC2 aufgetrieben.

Der Zweitürer mit den markant langgezogenen Rückleuchten fällt auf im Straßenverkehr – erstens natürlich, weil er optisch anders als der Durchschnitt daher rollt und zweitens, weil man ihn im Straßenbild für gewöhnlich nie sieht. Aber wenn man ihn doch mal sieht, dann fällt er auf. Und man hört ihn in der Regel auch.
 
Denn wer die werksangegebenen 6,7 Sekunden für den Sprint von 0 auf Landstraßentempo schaffen will, muss den hochgezüchteten Vierventiler richtig drehen lassen. Viertausend Umdrehungen, sechstausend? Der rote Bereich beginnt erst bei ungefähr 8.300 Touren, und jenseits der 5.000er-Linie verspürt man in diesem Integra sogar noch einen zweiten Wind, wenn nämlich die intelligente Nockenwelle (V-TEC) die Steuerzeiten anpasst. Das heißt allerdings nicht, dass unterhalb dieser Marke nichts geht. Denn mit 1,2 Tonnen Leermasse ist der frontgetriebene Sportler so leicht, dass die Maschine recht spielerisch mit ihm umgeht und bereits unten herum ansehnlichen Schub bietet.
 
Fast zwei Jahrzehnte nach dem Debüt des Straßenrenners Integra Type-R jedoch steht in der Autolandschaft quasi kein Stein mehr auf dem anderen. Saugmotoren sind fast komplett ausgerottet. Und wenn letzte Sauger-Bastionen wie BMW und Porsche gefallen sind, dann kommt auch Honda nicht umhin, dem Downsizing-Trend nachzugeben und Mehrleistung statt über Hubraum per Aufladung zu generieren.
 
So geschehen seit der 2015er Civic Type-R-Generation. Neuer Motor, neuer Ladungswechsel – aber immer noch die alte Philosophie des Hochdrehzahl-Konzepts. Also dürfen Markenfans ein bisschen aufatmen. Wer es bis zur Probefahrt geschafft hat und Platz nimmt, wird schon bei stillstehendem Triebwerk bezirzt, und zwar von den Sportsesseln mit überaus mächtigen Wangen – so viel Querbeschleunigung kann es gar nicht geben. Direkt vor dem Gesichtsfeld baut sich der große Drehzahlmesser auf, während die Digitalanzeige für das Tempo eine Etage höher auf den Armaturen hockt. Der rote Start-Knopf erweckt den modernen Zweiliter-Direkteinspritzer zum Leben und posaunt das auch lautstark in die Außenwelt. Etwas nervös pendelt sich die Lauflaufdrehzahl bei knapp unterhalb von 1.000 Touren ein, als ob der Vierzylinder ungeduldig warten würde, endlich hochgejubelt zu werden. Bis 7.000 Rotationen pro Minute sind erlaubt.
 
Das Turboloch hält sich wacker – vielleicht haben die Ingenieure ja ein bisschen nachgeholfen, um die Leistungsentfaltung möglichst linear zu halten. So ganz gelingt das nicht – ab 2.500 Umdrehungen stehen die kompletten 400 Nm zur Verfügung und lassen auch 2.000 Touren lang nicht nach. Der Otto startet harmlos und entwickelt auf dem Zugkraft-Plateau mächtig Dampf: Wer das rechte Pedal oft am Bodenblech hält, erlebt eher ein anderes Problem als die philosophische Frage nach dem Motorprinzip. Denn 228 kW/310 PS mit einer einzigen Achse zu bändigen, erfordert schon Feingefühl.
 
Generell ist die Erfahrung von so viel Kraft für Type-R-Kunden neu, schließlich war der vorige Spitzen-Civic mit seinen 201 Pferdchen ein eher schlichtes Gemüt, was sich auch optisch äußert. So dürfen der Heckflügel, den der Integra auch trägt, und die potente Vierrohr-Anlage des stärksten Civic als gehaltvoller Hinweis zum Thema Antrieb verstanden werden. Unterhalb von 60 km/h ist versehentliches Schlupfproduzieren also an der Tagesordnung.
 
Mit dem richtigen Balanceakt zwischen Gas und Kupplung plus griffigem Asphalt lässt sich der schnellste Civic ziemlich wuchtig auf Trab bringen; Richtung Begrenzer schnaubt und wütet der Benziner und treibt den sportlichen Kompakten behände bis aufs Spitzentempo von 270 km/h und binnen 5,7 Sekunden auf Landstraßen-Geschwindigkeit. Vmax steht exakt dann an, wenn auch die Höchstdrehzahl im sechsten Gang anliegt. Alleine schon die kurze Übersetzung bürgt dafür, dass der Type-R Biss hat. In diesen Sphären ist dem Integra längst die Puste ausgegangen. Doch auch wenn der 1,4-Tonner das deutlich bessere Leistungsgewicht hat (6,04 zu 8,57 kg/kW) und dem Integra längs nur so davonfährt, macht der Youngtimer in Kurven so richtig Spaß. Er fährt sich direkt, ungefiltert und ehrlich, während der brutal beschleunigende Civic entkoppelter anmutet.
 
Für 35.500 Euro bietet der schon in der Basis vollwertig ausgestattete Civic Type-R viel Fahrleistung, während der bis auf einen Zentimeter gleich lange Integra Type-R als begehrenswertes Kind Hondas klassischer Hochdrehzahl-Sauger-Philosophie viel Youngtimer für Kurse deutlich diesseits der 10.000 Euro-Schwelle darstellt. Originale, unverbastelte Exemplare zu ergattern, wird jedoch zusehends schwieriger, denn der Integra ist ohnehin rar und wurde häufig Opfer schwerer Tuning-Attacken.

Honda Integra Type-R – technische Daten:

Coupé der Mittelklasse (Bauzeit 1998 bis 2001), Länge: 4,40 Meter, Breite: 1,70 Meter, Höhe: 1,32 Meter, Radstand: 2,57 Meter

1,8-l-Reihenvierzylinder-Otto-Saugmotor, 140 kW/190 PS, maximales Drehmoment: 178 Nm bei 7.300 U/min, Fünfgang-Schaltgetriebe, Vmax: 233 km/h, 0-100 km/h: 6,7 s, Durchschnittsverbrauch: 8,8 l/100 km
Ehemaliger Neupreis (1998):  46.865 DM
 
 
Honda Civic Type-R – technische Daten:

Kompaktklasse, Länge: 4,39 Meter, Breite: 1,88 Meter, Höhe: 1,47 Meter, Radstand: 2,61 Meter

2,0-l-Vierzylinder-Otto mit Turboaufladung, 228 kW/310 PS, maximales Drehmoment: 400 Nm bei 2.500 bis 4.500 U/min, Sechsgang-Schaltgetriebe, Vmax: 270 km/h, 0-100 km/h: 5,7 s, Durchschnittsverbrauch: 7,3 l/100 km, CO2-Ausstoß: 170 g/km, Grundpreis ab 35.500 Euro

Honda, der größte Motorenhersteller der Welt, baut noch immer Autos, die über den reinen Transportzweck hinausgehen. Zeit, dem Youngtimer Integra Type-R auf den Zahn zu fühlen. Zeit außerdem für eine Begegnung mit dem Top-Civic als ersten Vertreter des neuzeitlichen Type-R-Konzepts mit Turbolader.

Fazit
Honda, der größte Motorenhersteller der Welt, baut noch immer Autos, die über den reinen Transportzweck hinausgehen. Zeit, dem Youngtimer Integra Type-R auf den Zahn zu fühlen. Zeit außerdem für eine Begegnung mit dem Top-Civic als ersten Vertreter des neuzeitlichen Type-R-Konzepts mit Turbolader.

Quelle: Autoplenum, 2017-03-16

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