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Testbericht

14. Juli 2016
Düsseldorf, 15.Juli 2016

Das hier ist die nach allen Regeln der Kunst nachgeschärfte Sportversion eines heckgetriebenen Heckmotor-Autos. Und sie kostet unter 20.000 Euro. Es klingt zu schön, um wahr zu sein und alle, für die der einzig wahre Anzug einteilig und feuerfest ist, sollten jetzt eigentlich laut jubeln und vor Freude drei Tage Super-Plus weinen. Oh, habe ich erwähnt, dass der heckgetriebene Heckmotor-Sportler der neue Smart Brabus ist? Ja, ich weiß ... und ja, das ist irgendwie ziemlich teuer. Wollte man es freundlich ausdrücken, würde man sagen, Smart hat jetzt nicht die ganz große Fahrdynamik-Reputation (den fabelhaften, wenn auch entsetzlich untermotorisierten Smart Roadster ausgenommen).

Mit "irgendwie ziemlich teuer" kennt man sich hingegen ziemlich gut aus. Es scheint die Käufer nicht im Geringsten zu stören. Der zweifelsfrei praktische und hochwertig anmutende Metropolen-Gnom hat es sich über all die Jahre hart erarbeitet, dass die wachsende Kundschaft sein recht astronomisches Preisschild eher gelassen zur Kenntnis nimmt. Nur, falls Sie ein Beispiel wollen: Smart hat derzeit Probleme, die sündteuren "Tailor-Made"-Versionen mit all ihren quietschigen Individual-Lackfarben und den Bentley-mäßig abgesteppten Ledersitzen in ausreichender Stückzahl zu liefern. Es werden einfach zu viele bestellt. Noch Fragen?

Der stärkste Smart
Aber kommen wir zurück zur Fahrdynamik. Darum geht es ja schließlich auch irgendwie, wenn Brabus sein kapitales "B" auf den nicht ganz so kapitalen Smart pinselt. Wenn Sie sich ein wenig für viel zu viel Leistung interessieren, dann werden Sie wissen, dass Tuner Brabus in seinem anderen Leben gerne mal 900-PS-S-Klassen baut. Oder G-Klassen, die in weit unter fünf Sekunden auf 100 km/h beschleunigen. Beim neuesten Brabus-Werk erwartet uns - der Herr sei gepriesen - nichts dergleichen. Der bekannte 0,9-Liter-Turbo-Dreizylinder von Renault bleibt auch im Sport-Smart das Aggregat der Wahl. Dank etwas mehr Kraftstoffdruck, einer optimierten Luftzufuhr und vermutlich auch aufgrund der neuen Sportabgasanlage leistet er nun 109 PS und 170 Newtonmeter (+ 19 PS und 35 Newtonmeter). Das Drehmoment liegt zudem etwas früher an. Auch das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe wurde mit einer Prise Flash Gordon gewürzt. Es soll nun bis zu 40 Prozent schneller reagieren, ist insgesamt kürzer übersetzt und kriegt als Zugabe eine im Großstadt-Dschungel absolut überlebenswichtige Launch Control.

Kein Beschleunigungswunder
Überlässt man sein Anfahr-Prozedere der elektronisch geregelten Steinschleuder (dafür einfach Bremse treten, Gas durchdrücken, kurz warten, Bremse wieder lösen), schiebt sich der kleine Smart Brabus fortwo in 9,5 Sekunden auf 100 km/h. Trotz eines Mehrgewichts von gut 50 Kilo ist er damit 1,8 Sekunden schneller als die 90-PS-Version. Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit 165 km/h genau zehn km/h über der nächstschwächeren Version. Wer gehofft hatte, im neuen Brabus-Smart einen atemberaubenden Beschleunigungs-Overkill zu erleben, wird aber vielleicht ein wenig enttäuscht. Was häufig an Magie passiert, wenn sehr viel Leistung auf sehr wenig Auto trifft, passiert hier eher nicht. Das liegt vornehmlich daran, dass der Smart Brabus fortwo mit 995 Kilo alles andere als leicht ist. Zumindest, wenn man seine noch immer verblüffende Winzigkeit von 2,70 Meter in Betracht zieht.

Es geht schon gut voran
Nichtsdestotrotz schiebt das "Urban Sports Car" recht gut nach vorne. Der kleine Dreizylinder müht sich wirklich nach Kräften und scheint umso motivierter zu werden, je näher der rote Bereich bei 6.000 Touren kommt. So kann man auf der Landstraße auch mal zwei oder drei Autos am Stück überholen, ohne Schweißausbrüche zu erleiden. Selbst nördlich von 120 km/h marschiert der Brabus noch erstaunlich wacker. Mangelnde Kraft ist also eher nicht der mindernde Schnellfahr-Faktor. Irgendwann geht man dann aber doch freiwillig vom Pinsel, schlicht aus Angst, vom Wind ins nächste Dorf geblasen zu werden. Die Seitenwindempfindlichkeit ist ein Thema, das so alt ist, wie der Smart selbst. Und auch in der bisher stärksten und sportlichsten Ausprägung ist sie nicht wegzudiskutieren.

Klanglich nur mittel
Auch das Getriebe wird keinen Top-Ten-Platz in der ewigen Doppelkupplungs-Bestenliste erhalten, aber nach ein wenig Geholper und Gestolper beim Anfahren, schiebt es die Gänge doch ganz brauchbar und schnell hin und her. Gehalten werden selbige auch im manuellen Modus nicht. Sie können selbst entscheiden, wie wichtig das bei einem solchen Auto ist. Generell sollte man aber unbedingt die kleine Taste links neben dem Gangwahlhebel drücken: Sie schaltet nicht nur das Getriebe von Eco auf Sport sondern gefühlt auch den ganzen Smart von "Aus" auf "An". Am Klang ändert die Taste hingegen nichts. Das ist ein wenig schade, denn ein so wepsiges, rabaukenhaft beschürztes Ding mit klunkerhaften 17-Zöllern und zwei faustgroßen Auspuffendrohren dürfte ruhig ein bisschen mehr Gespratze, Geknalle und generelle Unflätigkeit in den Gehörgang jagen.

Straffer und freier
Nun hat man sich von einem superkleinen, superleichten Auto mit Heckmotor und Heckantrieb schon immer gewünscht, dass es deutlich aufregender und besser ums Eck fährt, als der Smart das jemals tat. In der neuen Generation ist es schon spürbar besser geworden, aber ein herzerwärmendes Kurvenwunder ist auch Smart Nummer Drei nicht wirklich. Neues Spiel, neues Glück - schauen wir doch einfach mal, ob Zwerg Brabus den inneren Rosberg weckt. Die theoretischen Voraussetzungen dafür kommen in Form 20 Prozent strafferer Federn und Dämpfer, eines größeren Stabilisators vorne, einer direkteren Lenkung, größerer Räder sowie einer vergnüglicher abgestimmten Stabilitätskontrolle.
 
Dann kommt der Spaß
Ganz generell und wenig überraschend fühlt sich auch der Smart Brabus in erster Linie an wie ein Smart. Man sitzt eher auf als im Auto, es hoppelt, die Lenkung ist stacksig, etwas bockig und hat verblüffend wenig Gefühl und man kriegt nicht so richtig Lust, dieses Auto über Gebühr in die Kurve zu strapazieren. Allerdings fand ein Teil des Fahrprogramms auf dem Aldenhoven Testing Center statt, wo Smart einen kleinen aber feinen Handlingparcour vorbereitet hatte. Also doch Kurven. Viele Kurven. Man wirft den kleinen Brabus fortwo also mutig hinein und merkt recht schnell, wie zackig und giftig er die Richtung wechselt. Bleibt man am Gas, kriegt man ziemlich schnell ziemlich viel Untersteuern. So richtig schlimm ist das allerdings nicht, weil man einfach kurz vom Gas gehen muss, um den Knilch wieder in die Spur zu bringen. All das hat nicht viel mit Präzision zu tun, aber man kann den Smart wirklich ganz gut rutschen, spielen, sich bewegen lassen, und das alles ist eigentlich wirklich amüsant.

Keine Drifts
Zu dem Punkt, wo es wirklich richtig (so richtig richtig) amüsant wird, gelangt man allerdings nicht. Etwas stärkeres Anbremsen vor der Kurve bringt den Brabus fortwo zwar ziemlich schnell zum Tanzen, kurz bevor man denkt "so, jetzt kommt der kurze Hintern gleich sowas von geflogen", holzt die Elektronik aber mit der ganz großen Streitaxt dazwischen und zieht ihn wieder gerade. Vermutlich ist das auch besser so. Und es ist auch besser, dass das ESP nie ganz aus geht. Die Verbindung "Motor hinten, Antrieb hinten, Radstand wie ein kleinwüchsiger Dackel" ist nämlich im Grenzbereich gerne mal etwas zickig. So bleibt ein Auto, dass gerne mehr könnte (und wohl auch kann), als es seine noch immer relativ einzigartige Grundkonzeption erlaubt. Wer aus "recht hoch und fürchterlich kurz" einen Sportwagen macht, muss damit leben, dass es eher Nervosität und ruppige Abroll-Manieren als ein perfekt ausbalanciertes Fahrverhalten gibt.

Flott im Geflecht
Dennoch ist der Brabus fortwo aus dynamischer Sicht ein gewaltiger Fortschritt und (Roadster ausgenommen) der wohl spaßigste Smart, den man je kaufen konnte. Gefangen in den Untiefen einer heillos verstopften Großstadt wüsste ich jedenfalls, worin ich gerne säße, wenn ich schnellstmöglich nach Hause muss. Mit seiner noch immer schwer zu fassenden Wendigkeit (6,95 Meter Wendekreis) und dem deutlich lebendigeren Antritt dürfte der knappe Athlet einigen Luxus-Sportcoupés im urbanen Geflecht das ein oder andere Rücklicht zeigen.

Teuer vors Casino

Es gibt den stärksten Smart übrigens auch als Cabrio und viertürigen forfour. Mit ohne Dach ändert sich erwartungsgemäß nicht allzu viel, aber nach einer längeren Etappe mit dem größeren Viersitzer würde ich doch eher den Zweisitzer empfehlen. Durch den längeren Radstand wird es zwar etwas entspannter, aber die amüsante Galligkeit des kleinen Brabus fortwo geht weitgehend flöten. Das liegt vor allem auch an den 100 Kilo Mehrgewicht, die der Brabus forfour mit sich herumschleppt. Er tritt spürbar schwerfälliger an (der 0-100-km/h-Sprint dauert mit 10,5 Sekunden eine ganze Sekunde länger), zieht nicht so gut durch und wirkt insgesamt zugeknöpfter. Die Preise starten bei 19.710 Euro für den Smart Brabus fortwo, der viersitzige forfour kostet 790 Euro mehr, das Brabus fortwo Cabrio ist ab 22.970 Euro zu haben. Das ist Ford-Fiesta-ST-Geld und aus rein fahrdynamischer Sicht müsste man wohl nicht mal eine Sekunde überlegen. Smart-Brabus-Fahrer ticken aber ein wenig anders, wuseln - so erzählt es mir Brabus-Sprecher Sven Gramm - ihren Luxus-Winzling auch gerne mal vor die Oper oder das Casino in Monaco. Hier würde der Ford in der Tat etwas seltsam aussehen. Mit diesem Smart geht der Auftritt wohl in Ordnung. Jetzt geht er auch schneller.
Technische Daten
Antrieb:Hinterradantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Doppelkupplungsgetriebe
Motor Bauart:Reihenmotor, Turbo
Hubraum:898
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:3
Leistung:80 kW (109 PS) bei UPM
Drehmoment:170 Nm bei 2.000 UPM
Preis
Neupreis: 19.710 € (Stand: Juli 2016)
Fazit
Auch der neueste Smart Brabus ist nicht wirklich ein Sportwagen, dafür ist sein Grundkonzept einfach nicht gemacht. Aber er geht gut nach vorne, ist wahnsinnig wepsig und wendig und lässt sich auch recht rabiat in die Kurve schmeißen. Man muss das Konzept und seine Eigenarten mögen, sonst wird man auch dieses Auto nicht so richtig verstehen. Vor allem nicht zu diesem Preis. + emsiger Dreizylinder-Turbo; sensationelle Wendigkeit; verbesserte Fahrdynamik; hohe Qualität - noch immer nicht richtig fesselnd; holpriges Fahrwerk; schlechte Sitzposition; hoher Preis
Testwertung
3.5 von 5

Quelle: auto-news, 2016-07-14

Getestete Modelle
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