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Testbericht

19. Juli 2007
Stromberg, 19. Juli 2007 – Vor mir füllt sich ein schmaler eckiger Streifen mit Licht und geht wieder aus, was für ein stylischer Blinker. Vor mir fährt das gleiche Auto, dass auch ich fahre: Ein Cadillac XLR-V. Mit diesem vom Hersteller als Hochleistungs-Roadster bezeichneten 450-PS-Modell will Cadillac in der Riege der High-Perfomance-Cabrios mitmischen. Und wenn 450 PS auch auf den ersten Blick als enorm viel erscheinen, die Konkurrenz langt noch kräftiger zu. So fährt die Dodge Viper SRT-10 mit 506 PS vor, der Lamborghini Gallardo Spyder SE leistet sich 520 PS und der frisch gebackene Mercedes SLR McLaren Roadster haut 626 PS raus. So ist grotesker Weise der XLR-V der Schwächste in der Reihe der Super-Roadster. Wir haben getestet, ob er wirklich was hermacht. Echter Amerikaner In Sachen Design hat Cadillac schon immer den Mut gehabt, eigene Wege zu gehen. So sind auch die neuen Modelle sofort im Straßenbild als Cadillacs auszumachen. Der XLR-V fällt durch seine selbstbewusste Kantigkeit und seine glatten Flächen auf. Die Lichter sind traditionell senkrecht angeordnet. Der Wagen wirkt sehr präsent und stylisch. Wer auf Zurückhaltung und Understatement Wert legt, wird sich über den XLR-V ärgern. Wer gerne im Straßenverkehr auffällt, liegt mit dem Roadster von Cadillac richtig. Die 450-PS-Version ist vom normalen XLR kaum zu unterscheiden. Gut zu erkennen ist der Wabenkühlergrill aus poliertem Edelstahl. Die Bremssättel tragen das V-Logo ebenso wie die linke Seite der Kofferklappe. Die Hand am Leder Innen protzt der Cady mit edelen Materialien. Der Markenname klingt immer noch nach Luxus, was Cadillac nicht gefährden möchte. So ist die Lederhaut des Gestühls von Hand bearbeitet und mit französischen Nähten vernäht worden, die ein wenig an einen Doppel-Keder erinnern. Die Mittelkonsole liegt unter Zingana-Holz, einem sehr dunklen Holz mit kräftiger Maserung. Des Weiteren wurde eine Hand voll Aluminium-Applikationen im Innenraum verstreut, und sowohl das Kombiinstrument als auch die Beifahrerseite des Armaturenbretts zieren sich mit einem V-Logo.

Zugig und bequem Die Ledersitze des XLR-V sitzen sich prächtig und machen einen Langstrecken tauglichen Eindruck. Seitenhalt bieten sie nur moderat, was ein wenig erstaunlich ist, bei einem 450-PS Fahrzeug. Dass dies durchaus passt, werden wir später noch erleben. Sobald wir das Klappdach öffnen, unter dem auch größere Leute noch genügend Platz finden, stürmt es im Auto. Ein Windschott ist nicht serienmäßig mit dabei, wird aber wegen der großen Nachfrage inzwischen vom Zubehörhandel angeboten. Ohne Windschott macht das offene Fahren bei Autobahngeschwindigkeiten nicht so richtig Spaß. Ständig versucht der Wind, die bei Sonnenschein notwendige Mütze zu klauen. Der Kofferraum kommt bei einem Roadster klassischer Weise zu kurz. Bei geöffnetem Dach passen nur noch zwei bis drei Handtaschen ins Staufach im Heck. Harter Bursche Das Fahrwerk des XLR-V hat Cadillac roadstertypisch hart ausgeführt. So hart, dass der Wagen in Bodenwellen und Löcher hineinzukippen scheint. Dabei wirkt er sehr verwindungssteif, wie eine stabile Karbonplatte mit vier Rädern. Die V-Version des XLR nennt ein neues Stoßdämpfersystem namens Magnetic Ride Control (MR) ihr Eigen. Dieses System soll den Cady in jeder Situation in einer geraden Ebene halten. Dies gelingt nur zum Teil. Kurven nimmt der Wagen auch bei hohen Geschwindigkeiten noch sicher, wankt aber ein wenig. In Sachen Kurvenlage kommt uns der XLR-V eher wie ein etwas weicheres Auto vor, selbst Nicht-Roadster wie der Ford Focus ST können das besser. Dabei hat GM in Amerika sogar Teile der Nordschleife des Nürburgrings nachgebaut, um dort Fahrzeuge wie den XLR-V intensiv testen zu können. Bremsen wie die Corvette Um den immensen Vortrieb wieder runterfahren zu können, haben die Ingenieure dem XLR-V die Bremsen der Corvette C6 eingepflanzt. Die Scheiben der J55-Bremsen haben vorne einen Durchmesser von 340 und hinten von 330 Millimeter. Die Scheibendicke wurde auf 32 beziehungsweise 26 Millimeter erhöht, um eine größere Wärmekapazität der Bremsscheiben zu erreichen. Und die Maßnahmen wirken, der Tritt aufs Bremspedal zeigt wohldefiniert Wirkung. Die Zeiten, in denen bei amerikanischen Wagen ellenlange Bremswege in Kauf genommen werden mussten, sind bei Cadillac längst passé. Letztendlich auf die Straße gebracht werden Vortriebs- und Bremswirkung von 19-Zoll-Runflats von Pirelli. Eine erhöhte Gier nach Spurrillen konnten wir trotz der großen Reifen nicht feststellen.

Stern des Nordens? Der eigentliche Clou, der es dem XLR erlaubt, dass Zusatzkürzel „V“ zu tragen, ist der Motor. Das per Hand montierte 4,4-Liter-Northstar-V8-Aggregat leistet 450 PS und erzeugt ein Drehmoment von 561 Newtonmeter. Dieses liegt bei 3.900 U/min an, wobei 90 Prozent des Drehmoments zwischen 2.200 und 6.000 U/min bereitstehen. Mit 100 PS pro Liter Hubraum zählt der Northstar-Motor zu den Serienmotoren mit den höchsten spezifischen Literleistungen. Mit einem solchen Triebwerk ausgestattet, schafft der XLR-V den Sprung auf Tempo 100 in 4,7 Sekunden. Ein Merkmal aller Cadillac-V-Modelle: Der Sprint in den dreistelligen Bereich ist in unter fünf Sekunden zu schaffen. Unterstützt wird der Motor von einem Doppelturbolader, der nach dem Prinzip der Registeraufladung arbeitet. Lange Entwicklungsarbeit war nötig, die Tätigkeit der beiden verschieden großen Turbo-Räder perfekt aufeinander abzustimmen. Was bringt die Leistung? Beim Tritt aufs Gas fährt der XLR-V auffällig unspektakulär los. Sanftes Anrollen kombiniert sich mit einem ganz leisen Motorsäuseln. Auch bei geöffnetem Dach ist das Triebwerk nur leise zu vernehmen. Genauso verläuft die Fahrt: Ruhiges Cruisen ist genau das Ding des XLR-V. Beim unverhofften Niederschlag des Gaspedals bricht der Wagen brachial los, hier spüre ich für einen Moment die irrwitzigen 450 PS. Aber der Motorensound schwillt nur ein wenig an und das Gefühl unbändiger Beschleunigung verschwindet innerhalb von Sekundenbruchteilen. Das XLR-V ist anscheinend sehr auf Luxus ausgelegt, was Motoreneinflüsse fern hält – schade bei einem Auto, welches ein Roadster sein will und mit 450 PS zur Arbeit geht. Und zur Arbeit werden im Schnitt 14,9 Liter Super benötigt, in der Stadt sollen es schamlose 21,2 Liter sein. Bei meiner Testfahrt waren 18,2 Liter pro 100 Kilometer fällig. Das ist für 450 PS okay, aber im Hinblick auf den Umgang mit fossilen Brennstoffen immer noch ein beeindruckend schlimmer Wert.

Rennmäßige Transaxle-Bauweise Serienmäßig bringt der XLR-V eine Sechsgangautomatik mit. Diese wurde im hinteren Teil des Wagens untergebracht. Diese so genannte Transaxle-Bauweise, also das Unterbringen des Motors vorne oder hinten und die Montage des Getriebes jeweils am anderen Ende des Fahrzeugs, wird besonders gerne im Rennsport eingesetzt, um eine gute Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse zu erzielen. Beim XLR-V wurde der ideale Wert von 50:50 beinahe erreicht. Ein 32-Bit-Controller soll mit allerlei Steuerraffinessen die Schalt- und Fahreigenschaften des XLR-V verbessern. PASPALDSC Das Schaltprogramm Performance Algorithm Shifting (PAS) erlaubt ein schnelles Herunterschalten bei geschlossener Drosselklappe, um eher wieder eine hohe Beschleunigung zu ermöglichen. Zusätzlich minimiert Performance Algorithm Liftfoot (PAL) das Hochschalten bei geschlossener Drosselklappe, um das Halten des jeweils optimalen Gangs zu ermöglichen und somit das gefürchtete Jagen nach dem richtigen Gang zu verhindern. Schließlich lassen sich die Gänge per Driver Shift Control (DSC) über eine eigene Schaltgasse manuell sequenziell einlegen. In der Praxis wird sanft durch die Schaltstufen geglitten, zu jedem Zeitpunkt wirkt die Automatik souverän. Das Schaltwerk unterstützt das luxuriöse Feeling und die Abkehr vom Roadster-Dasein. Im Vergleich recht günstig Der neue Cadillac XLR-V ist ab sofort bestellbar und wird ab September 2007 ausgeliefert. Es gibt ihn amerikatypisch nur in Vollausstattung zu einem Preis von 86.150 Euro. Längst vorbei sind die Zeiten, als ein XLR noch über 100.000 Euro kostete – Cadillac versucht jetzt auch über den Preis an die Kunden zu kommen. 191 Euro pro PS sind in diesen Leistungsregionen bei Vollausstattung günstig. Die eingangs erwähnten Konkurrenten schmerzen beim Begleichen der Kaufrechnung noch mehr: Die Viper kostet 221 Euro, der Lamborghini 335 Euro und der Mercedes sensationelle 789 pro PS. Somit ist der XLR-V ein günstiger Einstieg in die Welt der Hochleistungsroadster.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Automatik
Motor Bauart:90-Grad-V8-Motor mit Kompressoraufladung
Hubraum:4.371
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:8
Leistung:331 kW (450 PS) bei UPM
Drehmoment:561 Nm bei 3.900 UPM
Preis
Neupreis: 86.150 € (Stand: Juli 2007)
Fazit
Der Cadillac XLR-V ist ein „American Roadster“ wie er es nur sein kann. Ein direktes Fahrfeeling, wie wir es in Europa erwarten, bietet er nicht. Dafür ist man in einem gut ausgestatteten, luxuriösen Hightech-Schlitten unterwegs, der optisch so einiges hermacht, solange man sich mit amerikanischem Design anfreunden kann (ich kann).

Aussehen, Ausstattung und Getriebe sind die Stärken des Wagens, die immense Motorleistung wird irgendwo weggedämmt. Trotzdem macht der XLR-V Spaß, ist eben nur kein klassischer Roadster. Wer unter 100.000 Euro aber mehr als 86.000 Euro für ein Klappdachcabrio mit 450 PS ausgeben möchte, hat praktisch keine andere Wahl, als zum XLR-V zu greifen.
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2007-07-19

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