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Testbericht

Sebastian Viehmann, 6. November 2009
Der Golf hatte als Citi Golf ein langes Leben in Südafrika. Doch auch im hohen Norden betreiben die Wolfsburger kreatives Recycling. In Kanada lebt der Golf IV weiter – ebenfalls als „City“ und für schlappe 9700 Euro.

Wenn ein Auto bis zum Schluss erfolgreich war, warum sollte man es dann einstellen? „Deutsche Ingenieurskunst für alle“ - mit diesem markigen Satz bewirbt Volkswagen in Kanada ein Fahrzeug, das einem seltsam vertraut vorkommt. Auch wenn die breiten Scheinwerfer und die großen Lufteinlässe unter dem Kühlergrill dem Wagen eine frische Optik geben, erkennt man im „Golf City“ schnell die Gene des Golf IV. Das Auto rollt in Brasilien vom Band. Seit 2007 wird der fünftürige City-Golf als günstiges Einsteigermodell für VW-Käufer angeboten, und zwar ausschließlich auf dem kanadischen Markt. In den USA sucht man den Spargolf vergeblich.

„Die kanadischen VW-Händler wollten dieses Auto haben, um mit Kleinwagen von Toyota, Honda oder Mazda konkurrieren zu können“, sagt Verkaufsleiter Darrel Smart von Oakville Volkswagen in der Nähe von Toronto. „Der Golf City ist ein klassisches Einsteiger-Auto, vor allem für junge Leute. Unsere Niederlassung bekommt in diesem Jahr ungefähr 100 Fahrzeuge, und die werden wir bestimmt schnell verkauft haben“, so der Verkaufsleiter. In großformatigen Zeitungsanzeigen preist der Händler seine Restbestände des billigen Wolfsburgers an. Nach VW-Informationen soll es den kanadischen City Golf noch bis 2012 geben. Auch der neue Golf VI wird in Kanada verkauft, allerdings erst ab einem Preis von umgerechnet rund 12.800 Euro.

Unter der Haube des 4,2 Meter langen Golf City steckt ein Vierzylindermotor mit 2 Litern Hubraum und 115 PS. Für die Kraftübertragung sorgen ein Fünfgang-Schaltgetriebe oder eine Sechsgang-Automatik. Der Motor treibt den 1,2 Tonnen schweren VW ordentlich an, durch den großen Hubraum lässt sich der Wagen schaltfaul fahren. Für den üblichen Pendelverkehr im ständig verstopften Toronto mit seinen Satellitenstädten sind 115 Pferdestärken mehr als ausreichend. Der offizielle Durchschnittsverbrauch des City-Golf lautet 9,8 Liter pro 100 Kilometer im Stadtverkehr und 7 Liter auf der Autobahn, was für europäische Verhältnisse nicht gerade gute Werte wären. Doch zum einen liefern die in den USA und Kanada üblichen Verbrauchsmessungen oft realitätsnähere Ergebnisse als der praxisferne EU-Zyklus, und zum anderen kostet das Benzin in Kanada umgerechnet nur rund 60 Cent pro Liter.

Der Einstiegspreis von 15.300 Kanadischen Dollar (umgerechnet rund 9700 Euro), mit dem VW den City-Golf präsentiert, ist freilich nicht die ganze Wahrheit. Mit Steuern und verschiedenen Gebühren steige der Preis auf knapp 19.000 Dollar, sagt Verkaufsleiter Darrel Smart. Auch die Ausstattung im Basismodell ist karg – Klimaanlage, ESP oder Tempomat kosten extra, an nennenswerter Komfortausstattung sind nur Zentralverriegelung, elektrisch verstellbare Außenspiegel und ein Radio an Bord. Dennoch konkurriert der City-Golf im Preisniveau mit deutlich kleineren Autos wie dem Toyota Yaris oder dem Chevrolet Aveo. Vor allem beim Platzangebot und beim Kofferraumvolumen kann der Golf die meisten Konkurrenten locker in die Tasche steckt.

Neu ist eben nicht immer gleich besser: Seit jeher werden längst überholte Modelle wegen ihrer unkomplizierten Technik, mit der auch Mechaniker in Entwicklungs- oder Schwellenländern ohne teure Schulungen und Werkzeuge zurecht kommen, möglichst lang am Leben erhalten. So lief der Renault R4 noch in den 90er Jahren vom Band, der Peugeot 504 wurde in Nigeria sogar bis 2005 montiert. Und der südafrikanische Citi-Golf auf der optisch kaum veränderten Basis des Ur-Golfs von 1974 hat erst vor wenigen Tagen seine Rente beantragt.

Autos wie der Kanada-Golf deuten jedoch einen Trend an, der auch in reichen Industrieländern Schule macht und keine uralten Dauerbrenner, sondern vergleichsweise moderne Autos umfasst. Viele Käufer können sich keine Neuwagen leisten, deren Preise ein hohes Niveau erreicht haben. Die Autohersteller reagieren. Peugeot zum Beispiel lässt den 206 mit leichten Änderungen und dem Zusatz „Plus“ länger leben, obwohl der Nachfolger 207 schon längst auf dem Markt ist. Welchen Erfolg man mit Autos hat, die zwar nicht immer die neueste Technik, aber alles Wesentliche bieten, beweist Dacia: Logan, Sandero und vor allem der Kombi MCV ziehen auch ohne Abwrackprämie die Käufer an wie Magneten. Dass unter dem Blechkleid des Logan der alte Renault Clio steckt, die Autos kein ESP haben und man auf so manches Komfortextra verzichten muss, tut dem Erfolg der Franzosen keinen Abbruch.

Quelle: Autoplenum, 2009-11-06

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