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Testbericht

Patrick Broich/SP-X, 11. August 2016

Die Moden ändern sich bisweilen. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Coupés langsam in die stilistische Bedeutungslosigkeit abzudriften drohen, während SUV inzwischen ganz oben angekommen sind auf der Trendskala. Kombis gehen auch immer, schließlich kann der Freizeitwert durch Praxistauglichkeit optimiert werden. Früher war das Coupé die maximale Ausdrucksmöglichkeit von automobiler Eleganz und Sportlichkeit, heute erlaubt eigentlich fast jede Karosserieform auch Performance-Versionen, die zumindest Sportlichkeit auf hohem Niveau bietet, wenn auch nicht unbedingt Eleganz.

Wer maximal sportlich und dennoch kompakt unterwegs sein möchte, muss bei Audi heute RS3 fahren. Und der RS3 ist längst keine Revolution mehr, kompakte Power-Varianten bietet der Wettbewerb reichlich. Das war bei den glücklichen Kunden des so genannten Ur-Quattro noch anders. Erstens der Allradantrieb im PKW, den Audi zwar keineswegs erfunden, aber salonfähig gemacht hat – und zweitens, dass überhaupt ein solcher Dampfhammer von der aus damaliger Perspektive frisch wiederbelebten Marke zu den Handelspartnern rollen würde.

Der zuvor im Audi 100 erstmals eingeführte Fünfzylinder-Benziner mag eine budgettechnische Behelfslösung gewesen sein, aber Fakt ist, dass er es längst zum gefragten Kultmotor gebracht hat. Er verlieh den Autos eine charakteristische Soundnote und tut es auch immer noch. Während die heutzutage in dieser Liga meist hubraumreduzierten und gepimpten Power-Vierzylinder nur noch durch elektronische Klangverstärkung attraktive Maschinentöne ausgeben können, pfeift der RS3 auf derlei Spielzeug.

Stattdessen gibt es einen Klappenauspuff, der aus dem standardmäßig leicht grummelig und immer sonor klingenden Zweieinhalbliter auf Gaspedalbefehl ein zornig brüllendes Renntriebwerk macht, auf dass es bei jedem Schaltvorgang des Doppelkupplers schnalzt und sprotzelt. Die Passagiere werden derweil in die mächtigen Sportsessel gepresst, um die Nackenmuskulatur ordentlich zu fordern. An den vom Werk ausgerufenen 4,3 Sekunden für den Standard-Sprint auf 100 km/h muss nicht gezweifelt werden, denn Traktionsprobleme kennt der fast schon volksnahe Sportler wahrlich nicht, wenn sich sämtliche Räder in den Asphalt krallen. Bei maximalem Auslauf erreicht der 367 PS-Bolide 280 km/h.

Traktionsprobleme kennt auch der Ur-Quattro nicht, nur mit der Volksnähe war es nicht so weit her. So musste der Kunde im Jahr 1982 satte 59.655 Mark für das schnelle Coupé hinblättern, was ungefähr dem Preis eines zeitgenössischen Mercedes 500 SE entsprach. Dennoch blieb das Coupé keinesfalls ein Solitär mit wenigen hundert Exemplaren zur Homologation, sondern fand mehr als 10.000 Käufer binnen zehn Jahren. Heute verlangen die Stuttgarter übrigens rund 107.000 Euro für einen S 500 – der RS3 ist schon mit etwas mehr als 50.000 Euro abgegolten – so viel kostet auch schon ein ordentlich ausstaffierter Vertreter-A4.

Doch zurück zum Quattro. Die Innenarchitektur steht irgendwie konträr zum Grundpreis – das kantig-simple Armaturenbrett kennen auch Studenten, die sich von den letzten Groschen einen Audi 80 gegönnt haben, um Bus und Bahn zu entgehen. Nur die Schalter für die häufig montierten elektrischen Fensterheber – immerhin anfangs mit 950 DM extra zu bezahlen – geben einen dezenten Hinweis darauf, dass man automobil besser eingekleidet ist als das Gros der restlichen Verkehrsteilnehmer.

Aber jetzt wird gefahren. Sonor-fünfzylindrig klingt das Coupé, die Kupplung geht stramm, die Gänge rasten knackig. Ganz brav rollt der Allradler mit den teuer wirkenden Differenzialsperre-Schemata in der Mittelkonsole los und könnte glatt als gemütlicher Cruiser durchgehen. Das dünne Lenkrad fühlt sich nach Achtzigern an, gleiches gilt für sämtliche Bedienelemente – das ganze Interieur verströmt den so zeittypischen VAG-Muff, damals waren Mercedes und BMW noch etwas Besseres.

Doch wehe, der Drehzahlmesser kommt in die Nähe der 3.000er-Marke – dann ist es vorbei mit der beschaulichen Spießigkeit. Dann giftet der 1,2 Tonnen schwere Turbo los, macht mächtig Druck und soll nach gut sieben Sekunden Landstraßen-Tempo erreichen. Gefühlt geht es schneller, denn der Zweitürer fühlt sich wie die meisten alten Autos eben nicht so abgeschottet an, die Fortbewegung ist viel weniger gefiltert. Hier und da rappelt es ein bisschen, das Fahrwerk ist recht kompromisslos auf Dynamik ausgelegt. Auf dem Papier und auch auf der Straße ist der Quattro selbst nach 35 Jahren noch ein schnelles Auto – damals freilich muss alles noch mindestens zwei Nummern beeindruckender gewesen sein mit dem rassigen Coupé aus Ingolstadt.

Und auch wenn der aktuelle RS3 in Zahlen viel rasanter ist als der Oldie – auf der Fahrspaß-Skala sind sie ziemlich ebenbürtig. Das gilt auch für das Preisniveau: Wer sich für ein gepflegtes Exemplar des Top-Coupés mit den unverkennbaren Kotflügelverbreiterungen interessiert, wird ab knapp unter 40.000 Euro fündig – für Spitzenzustände werden jedoch auch mehr als 50.000 Euro aufgerufen. Wer über das Budget verfügt und ohnehin mit Audi liebäugelt, sollte schnell zuschlagen – denn günstiger wird der Quattro vermutlich nicht mehr. Für den Alltag ist der RS3 natürlich besser geeignet. Er vereint hochkarätige Fahrleistungen mit einem Schuss Praxistauglichkeit, wenngleich der Sportback kein unschlagbarer Lademeister ist. Doch in puncto Raumangebot macht der Kompakte eine gute Figur, und das ausgewogene, straffe Fahrwerk erlaubt beides – den Spitzensportler je nach Belieben über die Landstraße jagen zu lassen genauso wie beschwerdefrei ein paar hundert Kilometer an einem Stück zurückzulegen. Wie schön es doch wäre, RS3 und Quattro zusammen in der Garage parken zu sehen.
 


Audi Quattro – technische Daten:
Coupé der Mittelklasse (Bauzeit 1980 bis 1991), Länge: 4,40 Meter, Breite: 1,73 Meter, Höhe: 1,34 Meter, Radstand: 2,52 Meter
2,1-l-Fünfzylinder-Otto mit Turboaufladung, 147 kW/200 PS, maximales Drehmoment: 285 Nm bei 3.500 U/min, Fünfgang-Schaltgetriebe, Vmax: 222 km/h, 0-100 km/h: 7,1 s, Durchschnittsverbrauch: 11 l/100 km (Drittelmix)
Ehemaliger Neupreis (1982):  ab 59.655 DM
Heutiger Marktpreis nach Classic Data
Note 2:  50.500 Euro
Note 3:  27.000 Euro
Note 4:  13.000 Euro
 
Audi RS3 Sportback – technische Daten
Kombi der Kompaktklasse, Länge: 4,34 Meter, Breite: 1,80 Meter, Höhe: 1,41 Meter, Radstand: 2,63 Meter
2,5-l-Fünfzylinder-Otto mit Vierventiltechnik und Turboaufladung, 270 kW/367 PS, maximales Drehmoment: 465 Nm ab 1.625 U/min, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe Vmax: 280 km/h, 0-100 km/h: 4,3 s, Durchschnittsverbrauch: 8,3 l/100 km, CO2-Ausstoß: 203 g/km, Grundpreis ab 53.500 Euro
 

Sie trennen 35 Jahre, sechs Zentimeter in der Länge und 167 PS. Aber im Geiste sind der erste Audi Quattro und der RS3 Quattro Brüder mit Allrad, fünf Zylindern und kompakten Abmessungen. Eine Begegnung mit dem sportlichen Coupé von einst sowie dem Express-Praktiker von heute.

Fazit
Sie trennen 35 Jahre, sechs Zentimeter in der Länge und 167 PS. Aber im Geiste sind der erste Audi Quattro und der RS3 Quattro Brüder mit Allrad, fünf Zylindern und kompakten Abmessungen. Eine Begegnung mit dem sportlichen Coupé von einst sowie dem Express-Praktiker von heute.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-08-11

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