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Testbericht

Stefan Grundhoff, 12. Juli 2009
Als Audi vergangenes Jahr den A5 vorstellte, waren Designer und Coupé-Fans markenübergreifend entzückt. Dabei hatten die Ingolstädter mit dem Audi 100 Coupé S schon vor 40 Jahren ein wahres Schmuckstück im Angebot.

Für viele ist Audi imm er noch die ehemalige Marke langsam schleichender Hutträger, die erst in den 90ern den Sprung in die Eliteliga der Premiumhersteller geschafft hat. Bei dem Nachfolger von NSU und Autounion gaben lange Jahre müde Brot-und-Butter-Schlitten wie Audi 50, 60 oder der erste Audi 100 den Ton an. Der Umschwung kam erst mit den sportlichen Quattros und insbesondere mit dem Innovationsträger Audi 100 Typ 44 ab Mitte der 80er Jahre. Doch so sportlich zum Beispiel ein Ur-Quattro auch war, so wenig Eleganz strahlte er aus. Ganz anders das Audi Coupé der ersten Generation.

Bei seinen Formen konnte man bereits Ende der 60er Jahre lustvoll mit der Zunge schnalzen. Eine Augenweide, zeitlos, wie man sie eigentlich nur italienischen Automarken zugetraut hatte. Von dem Audi 100 Coupé S wurden von in den Jahren von 1969 bis 1976 insgesamt 30.787 Fahrzeuge hergestellt. Mit 14.130 Fahrzeugen ging rund die Hälfte in den Export. Die Entwicklung des 100 Coupé S ging auf eine Initiative von Audi-Legende Ludwig Kraus zurück. Der war der Ansicht, dass ein sportliches Coupé dem Image der 100er Limousine durchaus zuträglich sein. Die Weltpremiere fand auf der IAA 1969 statt. Basis für das Audi Coupé war der Audi 100 vom Typ 104, der von 1968 bis 1976 gebaut wurde. Der 4,60 Meter lange Viertürer hatte seinerzeit so renommierte Konkurrenten wie den Ford Granada, Opel Rekord oder die W115er-Reihe von Mercedes. Im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten entschied man sich, neben der gewöhnlichen Limousine ein echtes Coupé (4,39 Meter lang) mit verkürztem Radstand zu bauen. Schließlich wollte nicht jeder in einer Familienlimousine über die Autobahnen kutschieren. Insofern hat sich bei Audi in dieser Hinsicht bei Audi nicht viel geändert. Auch der A5 soll Kunden locken, die keinen Viertürer wollen und sich stattdessen sportlicher und eleganter präsentieren wollen. Auch er ist ein Design-Schmuckstück - jedoch deutlich bulliger als sein Urahn.

Während das neue A5-Coupé mit Motoren zwischen 160 und 350 PS sowie mit Front- und Allradantrieb zu haben ist, hatte man in den frühen 70er Jahren nur wenig Auswahl. Doch auch ein Audi 100 Coupé S war das Topmodell seiner Baureihe. Der 1,9 Liter große Reihenvierzylinder mit Vergasertechnik leistete 85 kW/115 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h. Kein Wunder, schließlich wog der filigran gezeichnete und mit Chrom verzierte Viersitzer gerade mal 1.100 Kilogramm. Fahrspaß war auch bei den Modellen ab Modelljahr 1972 garantiert, die über ein modifiziertes Triebwerk mit 82 kW/112 PS verfügten. Im Gegensatz zum Vorgänger gab es nur noch einen Registervergaser, um das Abgasverhalten den erhöhten Vorschriften der Exportländer anzupassen. Im höheren Drehzahlbereich und bei hohen Geschwindigkeiten gelten die 1,9-Liter-Motoren jedoch als überhitzungsanfällig. Vom kleineren 100-PS-Modell gab es nur eine handvoll. Die waren deutlich sparsamer als die 115- und 112-PS-Varianten, die pro 100 Kilometern rund 12 bis 16 Liter verbrauchen.

Im Gegensatz zu seinem wenig emotionalen größeren Bruder war das Coupé insbesondere durch die klar gezeichnete Seitenlinie mit den angedeuteten Lüftungsschlitzen in der C-Säule ein Hingucker. Die meisten Modelle wurden zudem in markanten Farben wie rot, okkergelb oder einen frischen Hellblaumetallic ausgeliefert. Besonders stimmig war der braunrötliche Farbton namens Coralle. Chrom gab es bei allen Modellen im Überfluss: Verchromte Fensterrahmen, Stoßstangen oder die Radkappen auf den damals alles andere als dünnen 185er Reifen – früher war das ein beliebtes Element, ein Fahrzeug von der breiten Masse abzuheben und betont edel erscheinen zu lassen. Während sich das Heck mit den kleinen Vierfeldleuchten wenig dynamisch präsentierte, bot der dunkle Kühlergrill mit den nach heutigen Maßstäben wenig lichtstarken Doppelscheinwerfern im Rückspiegel der Vorausfahrenden einen imposanten Anblick. Heute setzt Audi mit Singleframe und LED-Tagfahrleuchten beim Urenkel noch mehr auf ein einprägsames Gesicht.

Das Cockpit des 100er Coupé bietet dem Betrachter eine Symbiose aus lieblos und edel, einfach und sportlich. Die grünen Instrumentenuhren sind schlicht, gut abzulesen und der Drehzahlmesser war nach damaligen Maßstäben ein sicheres Indiz für Sportlichkeit. Schließlich musste man mit vier knochig zu schaltenden Gängen die hörbar brummenden 115 PS im Zaum halten. Der lieblos dürre Lenkstockhebel ist ein ebenso charakteristischer Zeitzeuge wie das spindeldürre Vier-Speichen-Lenkrad und die dunklen Kunstledersitze mit griffiger Textileinlage. Komfortdetails wie elektrische Fensterheber oder eine Klimaanlage gab es Anfang der 70er Jahre bereits – aber nicht im Hause Audi. Die Marke der Buchhalter und Abteilungsleiter ließ die Kunden auch im noblen Coupé selbst kurbeln. Zumindest eine durchlaufende Holzleiste versprühte damals so etwas wie die chice Eleganz der Oberklasse. Nach den ersten Modelljahren konnte man das Audi Coupé mit einer Servolenkung bestellen. Im zerklüfteten Kofferraum hat man einen freien Blick auf Ersatzrad und Benzinschlauch. Gut, dass die heutigen Coupés über deutlich niedrigere Ladekanten verfügen.

In Anbetracht des neuen Audi 100 Typ 43 wurden auch die Coupés des Modelljahres 1976 für die Aufnahme der größeren und leistungsstärkeren Motoren vorbereitet. Doch angesichts des zuletzt zähen Verkaufs bei einem Basispreis von fast 20.000 D-Mark entschied man sich, die Produktion des Coupé S letztlich doch einzustellen. Die letzten Modelle sollen nach Südafrika und Jordanien verkauft worden sein.

Quelle: Autoplenum, 2009-07-12

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