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Testbericht

automobil-magazin.de, 20. Januar 2010

Wer den Abarth 500 rational kauft, hat die Emotion ganz sicher falsch geparkt. Das heißt nicht, dass er keine rationalen Qualitäten hat. Aber eben weit mehr emotionale – Test: Abarth 500.

Konstanten bestimmen das Leben – Der Italiener jubelt. Der Deutsche nörgelt: Die Sitzposition ist unsportlich zu hoch. Man möchte als Erwachsener weder gerne hinten sitzen (Grund: Die Enge im Fuß- und Kopfraum) noch einen großen Koffer hinten mitnehmen müssen (Zuladevolumen: 185 l). Das Pfeifen an der rechten A-Säule stört, das in Schwarz noch schlechter ablesbare Tachoblatt und das Blink-Stakkato des serienmäßigen GSI („Gear Shift Indicator“). Die Kupplung des Testwagens zuckt weich und flau. Der Leerlauf des 1,4 Liter-Turbo dringt bis ins Lenkrad, und der sechste Gang fehlt. Und warum hat der Fiat 500 1.4 16V (100 PS; ab 13.000 €) ein Sechsganggetriebe und nicht der teurere Abarth? Warum kostet die 50:50-teilbare Rückbank 150 € extra? Und das Ganze pur mehr als 18.000 €? Gute Fragen. Aber, echt die falschen.
Verstören wir den Vernunftmensch also mit den richtigen: Warum vergeuden Sie Ihre Zeit mit einem Polo? Führt die optimale Vollkaskoklasse oder das ideale Preis-Leistungs-Verhältnis wirklich zur Glückseligkeit?

1.4 TB BZ ABARTH, Code 312A1000 – Der Kenner ahnt, was das im Motorräumchen des Fiat 500 bedeuten wird: Nicht schnöde Urgroßvater Otto und vier Zylinder in Reihe, Kolbendurchmesser 72 mm, Hub 84 mm und 1.368 Kubik samt 3HHH-Turbolader, rein technisch betrachtet, sondern ordentlich Holz in der kleinen Hütte. Ganz passend zum Urprinzip Abarth: kleines Auto, starker Motor. Mit 1.035 kg leer sticht der aufgebohrte 500 so real wie das Abarth-Wappentier. Kernig grollt es beim Kaltstart wegen der zweiflutigen Sportauspuffanlage, flott nimmt der Motor Gas an. Punch, Durchzug, Elastizität, auch alle da. Dabei schnupft er sein Drehmoment (206 Newtonmeter bei 3.000 U/min) wirklich unangestrengt, verdaut auch mal locker einen eigentlich zu hohen Gang und kreiert damit eine ziemlich lässige Motorcharakteristik: Drehen kannste, musste aber nicht …

135 wohlgenährte Pferde. Der Aparte hält sie – Downsizing wirkt – prachtvoll im Stall. In 7,7 s rennt er auf 100 und auf der Autobahn ohne feuchte Hände hoch bis auf 205 km/h (Werksangaben). Man spürt, mit dem Vornamen Abarth ist das Frauenauto Cinquecento echt auf den Mann gekommen: Er prügelt sich nicht mehr mit den Mama-Einkaufswagen. Erstens, weil er mit tiefen Stoßfängern, Schwellern, Dachspoiler und Diffusor nun einen ganz anderen Stil pflegt als die Bin-ich-nicht-süß-?-Fraktion (Test Fiat 500 1.3 Multijet). Und zweitens, weil er diesen Stil auch auslebt.

Eine Frechheit wie er innen, außen, überall überholt. Als Anteilseigner des ESP (es regelt schön zurückhaltend) gestattet TTC, ein elektronisch simuliertes Sperrdifferenzial, welches die Drehmomentverteilung an den Antriebsrädern optimiert, direktes Einlenken bei weniger Untersteuerneigung. Die Kurventempi und die Gutmütigkeit sind genauso enorm. Wohl nur Übermut haut ihn aus der Kurve. Und den Komfort hat er auch nicht ganz verschwitzt: Die Servos der Zahnstangenlenknung sorgen für leichtes Einparken. Das wohl austarierte Sportfahrwerk pumpt die Huppel, unterstützt von den satt aufgepolsterten, bequemen Ledersitzen (Aufpreis: 1.100 €) recht gut hinfort. Mit dem Bremsset (vorne innenbelüftete Scheiben: 284 mm, hinten 240 mm-Scheiben) und fesch rot lackierten Bremssätteln steht der Kleine so flott, wie er losgewetzt ist. Nur der Wendekreis ist mit 16 Zoll (Bereifung: 195/45 R16) alles andere als glorreich: 10,9 m.

Die Sport-Boost-Taste bedeutet Spaß: Die Lenkung wird erst mit dem Druck auf „Sport“ (sehr klein eingeblendet im Tacho über der Uhrzeit) richtig unmittelbar, fest und direkt. Ebenso das Gaspedal mit direkterem Ansprechen. Der Motor holt sich die Kraft nun noch ausgeprägter über Drehzahl (+ ca. 200, 300 Nm) und über das Drehmoment (+ 26 Nm). Das „sportliche Fünfganggetriebe“ hält das Motörchen mit passenden Schaltanschlüssen dabei immer schön eng an der Leine und nah am Drehmoment; das heißt: der fühlbaren Kraft. Der 1. Gang geht bis 100 km/h – ganz in der Manier eines Sportwagens. Bei Drehzahl 6.000 erhält der 1.4 Turbo die rote Karte. Die Schaltposition ist zwar optimal, die Schaltgassen sind jedoch leicht knochig – es gibt zackigere Gangwechsler: Mini John Cooper Works, Test Honda Civic Type R …

Aber kaum, Ausnahme: Mini, schönere Innenräume in der Kleinwagenkategorie Die Ledersitzeinteiler und das Cockpit machen an. Funktional spricht viel für und wenig gegen den aufgebretzelten 500. Vielleicht mag man die erhobene Sitzposition, den wirr verwundenen Tempo-Drehzahl-Zeiger oder die unmittelbar hinter der ersten Sitzreihe beginnende Enge nicht. Vielleicht auch nicht die ab und an versehentlich ausgelöste Spracherkennung mit der völlig uncharmanten, auch bei Alfa vorsprechenden Damenstimme. Aber das war´s dann wohl mit Kritik.

Lob dominiert. Die Shortcuts für Radio, CD und Telefon des an der Unterseite sportiv abgeflachten hübschen Lederlenkrads nutzt man häufig. Den aktuellen Radiosender kriegt man auch ins Tachodisplay eingespielt. Echt pfiffig ist das Drehfach unterhalb des Schaltknüppels. Das Handschuhfach fehlt zwar, stattdessen existieren an seiner Stelle aber eine tiefe Ablage und ein Fach unter der Sitzfläche des Beifahrersitzes (optional). Und für 400 € extra gibt´s richtig was auf die Ohren: Die MP3-CD-Radio-Kombi mit Subwoofer macht mächtig wumms. Volumenbedingt ohne absolute Bässe, dafür aber höchst eindrucksvoll und mit enormen Schallpegeln.

Das macht die Sache noch runder, als sie als wiedergeborener 500 eh schon ist: Geht gut, fährt gut, klingt gut. Noch etwas vergessen? Brave 6,8 Liter Super 95 fließen aus dem 35 Liter-Tank, wenn man den Turbo ein bisschen in Ruhe lässt. Gut gebaut und verarbeitet ist der Abarth wie schon der bravere 500. Was bleibt zu sagen? Der Abarth 500 gibt eine überraschend harmonische Kombination aus Sportsmann (Optik, Fahrwerk, Handling), Sportperformance (Fahrleistungen, Elastizität) und Alltagsnutzen (Parkfläche, Verarbeitung). Man fährt ihn manchmal einfach nur um zu fahren: Einer der besten Belege für richtig geparkte Emotion – sorry, Polo.


(le)

Testwertung
4.5 von 5

Quelle: automobilmagazin, 2010-01-20

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