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Testbericht

Stefan Grundhoff, 14. März 2017
Donald Trump wird es nicht gerne hören. Die ersten Autos, die in den USA unterwegs waren, kamen aus Deutschland. Pianohersteller Steinway war der erste Autoimporteur und brachte deutsche Technik nach Amerika.

Nach wie vor ist in Sachen Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika keine Ruhe eingekehrt. Trump will unverändert solche Produkte teuer besteuern, die von außen ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten gebracht werden. Aufgrund der hohen Preise könnte darunter besonders die Autoindustrie leiden, bei denen sich Strafzölle von 30 Prozent schmerzhaft bemerkbar machen würden. Vor rund 100 Jahren sah es in den USA nicht anders aus. Für begehrte Luxusgüter gab es zum Wechsel vom 19. bis ins 20. Jahrhundert sogar Zölle in Höhe von 45 Prozent. Kein Wunder, dass William Steinway, Sohn der renommierten Instrumentenbauerfamilie und leidenschaftlichen Technikvisionär, den Traum hatte, mit einer entsprechenden Konzession deutsche Autos in den USA zu bauen. Die Legende von American Mercedes begann.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist die Welt in Aufbruchsstimmung. Immer neue Erfindungen beschleunigen das tägliche Leben - die Fortschritte sind gigantisch. Elektrizität, Eisenbahn, Auto und Dampfmaschinen lassen die Welt von gestern wie im Zeitraffer vorbeirasen. Die großen Denker und Visionäre machen immer neue Erfindungen und wollen das Leben des Einzelnen von Grund auf verändern. Zu diesen Visionären gehören nicht nur die Automobil-Pioniere Gottlieb Daimler und Karl Benz, sondern auch Wilhelm Steinweg. Der Sohn des Instrumentenbauers Heinrich Steinweg war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weit mehr als ein Musikliebhaber und Instrumentenbauer. 1835 als Wilhelm Steinweg in der Nähe von Braunschweig geboren, wanderte er im Alter von 15 Jahren zusammen mit seinem Vater Heinrich sowie den Brüdern Karl und Heinrich in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Die Familie amerikanisierte ihren Namen von Steinweg in Steinway und machte das, womit man sich schon in Deutschland einen Namen gemacht hatte: den Bau von Instrumenten. Der Markt in Deutschland war zu klein und so ging es über den Atlantik an die Ostküste der USA, wo man sich niederließ und die Firma "Steinway Sons" im Großraum New York gründete. Willam Steinway wurde schnell zum geschäftlichen Oberhaupt der Familie; frönte jedoch unverändert seiner Leidenschaft für neue Technologien. Seit seiner frühesten Kindheit hatte er sich für alles Unbekannte begeistert. Boote, Eisenbahnen und Autos waren es neben dem Instrumentenbau, was ihn begeisterte. Natürlich hatte er längst von ersten Motorenentwicklungen gehört, die Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach vorantrieben.

Nach ersten Kontakten zu Maybach Mitte der 1870er Jahre besuchte der gebürtige Niedersachse Wilhelm Steinweg im August 1888 seine alte Heimat Deutschland und hier unter anderem auch Gottlieb Daimler. Bei einem ersten Treffen sondierte Steinway die Möglichkeiten, die deutsche Motorentechnik in seine neue Heimat zu holen. "Had a long talk with Daimler", schrieb der Auswanderer Ende August in sein prall gefülltes Reisetagebuch. Steinway hatte ein großes Interesse daran, die Cannstatter Motoren in seiner neuen Heimat den USA als Lizenzprodukt für Bootsantriebe herzustellen. Kurz nach seinem Treffen mit Daimler gründet William Steinway zurück in seiner neuen Heimat Long Island die Daimler Motor Company - DMC. Dabei sollte es zunächst nicht um Autos, sondern vielmehr um Stationär- und Schiffsmotoren gehen, die Steinway abseits der New Yorker Pianoproduktion in Lizenz produzieren wollte. In Deutschland wurden die neu erfundenen Motoren in Fortbewegungsmitteln wie dem legendären Reitwagen, einem Motorboot und selbst einem Motorluftschiff eingesetzt.

Es sollte noch zwei Jahre dauern, ehe Gottlieb Daimler im August 1890 den ersten von Wilhelm Maybach konstruierten Vierzylindermotor nach New York auslieferte. Das mächtige 451 Kilogramm schwere Aggregat mit sechs Liter Hubraum und einer Leistung von immerhin 9 kW / 12,3 PS sollte testweise in einem Motorboot verbaut werden. Nicht einmal zwei Wochen danach lieferte Daimler Triebwerk Nummer zwei, eine weitgehend parallel entwickelte Motorvariante mit überschaubaren 2,4 Litern Hubraum. Das Gewicht hatte sich auf 153 Kilogramm gedrittelt und die Leistung auf 4 kW / 5,9 PS halbiert. Aufgrund der hohen Importzölle stand für William Steinway fest, dass nur eine eigene US-Produktion die hohen Kosten reduzieren konnte. Wie mir Daimler abgesprochen, machten sich amerikanische Ingenieure daran, die Arbeitsweise der beiden schwäbischen Aggregate zu studieren und ein knappes Jahr später ließ der Klavierfabrikant William Steinway ein paar hundert Meilen nördlich in Hartford / Connecticut den ersten betriebsfähigen Fahrzeugmotor Amerikas bauen. Die Pläne für den Lizenzbau der Daimler Motor Company hierzu stammten von Gottlieb Daimler.

Längst stand fest, dass die Motoren nicht nur Schiffe und stationäre Maschinen betreiben sollten. In ihnen sah Steinway die einzigartige Möglichkeit zur Motorisierung des riesigen Landes. Große Innovationen wurden damals nicht selten auf Weltausstellungen enthüllt. Hier lieferten sich die USA und Europa ein hartes Wettrennen. Wurde auf der Expo 1876 in Philadelphia das erste Telefon gezeigt, gab es 1893 in Chicago auf der Weltausstellung erstmals Reisverschluss, Riesenrad und Geschirrspülmaschine zu bestaunen. Gottlieb Daimler ließ auf der Weltmesse am Lake Michigan eine modifizierte Version des Stahlradwagens zeigen. Das Vehikel gilt als das erste betriebsfähige Automobil der USA. "Die Wagen, die wir für den amerikanischen Markt herzustellen beabsichtigen, werden 2 bis 4 Personen befördern können und von einem Motor von 2 ½ bis 3 ½ PS angetrieben werden. Jeder Wagen wird vier verschiedene Geschwindigkeitsgänge aufweisen: 3 ½, 6, 9 und 14 Meilen pro Stunde", erklärte William Steinway 1895 in einem Interview, "der Treibstoff, nämlich Petroleum, kostet etwa einen Cent pro PS und Stunde, was erheblich billiger als Pferdekraft ist." Daimlers Stahlradwagen hielt er "für das hiesige Kopfsteinpflaster und die unebenen Straßen zu leicht gebaut", weshalb die Daimler Motor Company ein Modell entwickeln und bauen wollte, das "den amerikanischen Verhältnissen angepasst ist". Doch Steinway stirbt im November 1896 und seine Erben verkaufen ihren Anteil der Daimler Motor Company schnell an die General Electric Company. Von 1898 an heißt der Fertigungsbetrieb Manufacturing Company und 1904 wird daraus mit Firmensitz in Long Island City, die Daimler Manufacturing Company, deren Fertigung später nach Astoria umzieht. American Mercedes sollen die Autos heißen, die die USA zumindest an der Ostküste mobilmachen sollen.

Doch es dauert bis zum Januar 1905, bis der erste American Mercedes auf der "National Automobile Show" im New Yorker Madison Square Garden vorgestellt werden kann. Der erste Mercedes aus amerikanischer Fertigung, produziert von der "Daimler Manufacturing Company", ist im Wesentlichen eine Nachbildung des in Stuttgart gebauten Mercedes 45 PS. Angeboten wird der als besonders schnell, leise und kraftvoll beworbene American Mercedes jedoch nur bis 1907. Sein Preis ist mit 7.500 US-Dollar rund 3.000 Dollar günstiger als bei einem vergleichbaren Importmodell. Der innovationsfreudige Kunde hatte bei seinem American Mercedes Siebensitzer mit Viergang-Handschaltung die Wahl zwischen zwei Radständen von 2,40 bzw. 2,60 Metern. Standard war die Farbe dunkelrot, die nur auf besonderen Wunsch geändert werden konnte. Praktisch: die wichtigsten Verschleißteile wie Kolbenringe, Ventile oder Zündung gab es beim Kauf des ersten Autos für Amerikas Straßen direkt mit dazu.

Technologisch gab Europa bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts die Schlagzahl vor. In Frankreich oder Deutschland wurden erste Autos in imageträchtigen Wettfahrten eingesetzt. Und wenn ein Auto am Wochenende siegreich war, klingelte am Wochenanfang die Kasse des lokalen Autohändlers. Nicht viel anders sah es in den USA aus. Anfang 1907 gewann ein American Mercedes erstmals auf der Rennstrecke von Daytona / Florida. Wie zu erwarten stieg die Nachfrage nach Modellen des Typs American Mercedes über Nacht sprunghaft an. Wäre da nur nicht der Großbrand gewesen, der die Produktion der American Mercedes in Astoria dem Erdboden gleichmachte. So kam das Ende schneller als erwartet. Pläne der Arbeiter, das komplett zerstörte Werk schnellstmöglich wieder neu aufzubauen und die Produktion wieder anlaufen zu lassen, wurden spätestens nach der Finanzkrise von 1907 begraben. So wurden die Fahrzeuge von American Mercedes über Nacht Geschichte. Bis heute ist unklar wie viele amerikanische Mercedes-Zwillinge Anfang des 20. Jahrhunderts in New York genau gebaut wurden. Ein verbliebenes Fahrzeug steht im Mercedes Classic Center in Irvine / Kalifornien.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2017-03-14

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