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Testbericht

Stefan Grundhoff, 23. Juli 2013
Herzlichen Glückwunsch automobile Bundesrepublik! Der Mercedes 600 war wohl die schönste Luxuslimousine aller Zeiten. Sie chauffierte Staatsgäste, Stars oder Sternchen und wurde zum Sinnbild des automobilen Aufstiegs der Bundesrepublik Deutschland. Vor 50 Jahren feierte sie auf der IAA 1963 ihre Weltpremiere.

Der Mercedes 600 Pullman der Baureihe W 100 war an sich keine Luxuslimousine im engeren Sinne. Gerade neben der hauseigenen S-Klasse, die diese Attribute perfekt abdeckte, suchte Daimler eine echte Staatslimousine für die Repräsentanten des eigenen und anderer Staaten. 1963 wurde der 600er in Frankfurt vorgestellt, ab 1964 produziert und zum Jahreswechsel 1964 / 1965 gingen zwei gepanzerte Luxusversionen in den Fuhrpark der Bundesregierung über. Die Bundesregierung gönnte seinen Staatsgästen von 1965 bis in die 90er Jahre nur das Beste vom Besten - den legendären Mercedes 600 Pullman. "Lange Zeit galt der 600er als wohl bestes Auto der Welt", erzählt Peter Schellhammer, jahrzehntelang bei Mercedes für den 600 zuständig, "insgesamt wurde 2.677 Modele vom 600er produziert. 428 davon wurden als Pullman und 59 als Landaulet ausgeliefert." Mercedes plant bei der neuen S-Klasse eine Neuauflage des 600er Pullman. Deutlich länger als die normale Langversion soll er den eingestellten Maybach ersetzen. Gerade richtig zum 50. Geburtstag einer Legende.

Einzigartig waren dabei die beiden Staatslimousinen der Bundesregierung. Schwarz lackiert und schwer gepanzert sind sie bis heute Zeugnis eines aufstrebenden und alles andere als pompösen Bundesrepublik. Der 600 passte so perfekt zur BRD wie Villa Hammerschmidt, Bonn als Bundeshauptstadt und den vier Besatzungsmächten. Der damalige Fahrer Wolfgang Wöstendieck und sein Mercedes 600 Pullman mit dem stilechten Kennzeichen S - VC 600 waren für viele Staatsgäste so fest mit Deutschland verbunden wie Helmut Schmidt, Willy Brandt oder Hans-Dietrich Genscher. Denn auch wenn politischen Strömungen über die Jahre Personen und Amtsträger austauschten, Wöstendieck und sein schwarzer 600er standen bei nahezu jedem Besuch zum sicheren Transport parat. Zumeist ging es vom Flughafen Köln-Bonn nach Bonn, ins Villen- und Konsulatsviertel Bad Godesberg oder zum Gästehaus auf dem Petersberg. Wolfgang Wöstendieck hat die Strecken bei seinen insgesamt 116 Staatsbesuchen unzählige Male abgefahren; kennt Bonner Siedlungen und die kurvenreiche Auffahrt zum Petersberg wie seine Ehefrau. Zumeist kutschierte es im langsamen Galopp, denn Eskorte, Protokoll und die 4,5 Tonnen Leergewicht gaben dem Tatendrang ein festes Korsett. Spezialreifen und die schwere Panzerung der beiden Staatslimousinen sorgten dafür, dass die an sich grandiosen Limousinen-Fahrleistungen der frühen 60er Jahre bei der Panzerversion zur Nebensache verkamen.

So sehr Wolfgang Wöstendieck mit dem Volant der Staatslimousine verbunden ist, so eng fühlt sich Peter Schellhammer mit Technik und Geschichte der Automobillegende Mercedes 600 verwoben. Er lieferte hunderte von Exklusivmodellen an Scheichs im Nahen Osten, Fürsten in Mini-Staaten und Sonderanfertigungen an besonders elitäre Kunden - weltweit von 1963 bis zum Produktionsende im Jahre 1981. Denn der 600 war auch als Straßenmodell kaum etwas für jedermann. Besonders beliebt waren die Langversionen, die mit vier und sechs Türen zu bekommen waren. Erlauchte Gäste genossen nicht wie heute den visuellen Schutz abgedunkelter Scheiben, sondern schützten sich mit grauen Vorhängen vor neugierigen Blicken. Doch allzu oft blieb der Sichtschutz fein säuberlich gefaltet und man genoss auf beiden Seiten der Scheiben Ein- und Ausblick. Um sich für Fotografen und neugierige Blicke besonders vorteilhaft in Szene zu setzen, waren nicht nur die beiden Staatslimousine mit orangefarbenen Leuchten im Dachhimmel ausgerüstet, die ein besonders warmes Licht abstrahlten.

Der Einstieg in die Welt der Schönen und Reichen kostete zum Marktstart im Frühjahr 1964 56.000 Mark; die Langversion lag bei mindestens 63.500 Mark. Von Ausnahmen abgesehen wurde fast jedes Auto auf besondere Bestellung angefertigt. Sonderwünsche wie spezielle Polster, einen Elektrorasierer in der Mittelarmlehne oder eine Minibar waren daher an der Tagesordnung. "Die meisten 600er waren schwarz oder dunkelblau", erzählt Peter Schellhammer, "doch es gab gerade auch in den USA viele Versionen in weiß oder silber." Die Entwicklung des 600 unter der Leitung von Dr. Ing. Fritz Nallinger dauerte von 1956 bis 1963. Ziel war es einen "Groß-Reise- und Repräsentationswagen" zu bauen, der schlicht das beste Auto aller Zeiten werden sollte.

So prominent der 600er in der Welt der Schönen und Reichen auch präsent war; in Sachen Absatz war er ein Flop. Ursprünglich war Mercedes davon ausgegangen 1.500 bis 3.000 Fahrzeuge pro Jahr absetzen zu können. Es wurden in den besten Jahren nicht einmal 300. Zum Verkaufsstart im Jahre 1964 war auch die Motorisierung des 600 für viele so etwas wie ein automobiles Weltwunder. Unter der langen und zumeist dunkel lackierten Motorhaube arbeitete bei allen Karosserievarianten ein mächtiger Achtzylinder, der Dank 6,3 Litern Hubraum 184 kW / 250 PS und 510 Newtonmeter Drehmoment leistete. Damit gewöhnliche Passagiere und erlauchte Staatsgäste standesgemäß und besonders komfortabel reisen konnten, dafür sorgte eine damals zukunftsweisende Viergang-Automatik, die automatische Parkbremse oder die sänftengleiche Luftfederung. Bei der Normalkundschaft nicht ganz unwichtig: der immerhin 2,6 Tonnen schwere Mercedes 600 schaffte 207 km/h Spitze und 0 auf 100 km/h in knapp zehn Sekunden.

Quelle: Autoplenum, 2013-07-23

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